Im ersten Quartal 2021 präsentierte Finanzminister Gernot Blümel einen Vortrag zur geplanten Neuordnung des Glücksspiels an den Ministerrat. Der Bericht beinhaltete zahlreiche Punkte in den Bereichen illegale Anbieter, Spielerschutz, Konzessionen und Glücksspielwerbung in Österreich. [1] Die Novelle hat sich bis dato aber nicht durchgesetzt. [2]
Das geplante Maßnahmenpaket
Die Glücksspiel-Novelle hätte bis Herbst 2021 parlamentarisch beschlossen werden sollen. [2] Zahlreiche Maßnahmen wären dabei umgesetzt worden. Diese betrafen hauptsächlich die Bekämpfung illegaler Anbieter und die Stärkung des Spielerschutzes [1]:
- Bekämpfung des Illegalen Glücksspiels durch Betriebsschließungen und DNS-Blocking
- Förderung von Spielerschutzprojekten und Einrichtungen
- Verschärfungen im Bereich Spielerschutz durch strengere Responsible Gaming Maßnahmen
- Anpassung der Rahmenbedingungen von Glücksspielwerbung
Ein Aspekt hat jedoch besondere mediale Beachtung erhalten. Es handelte sich dabei um die Einschränkung von Glücksspielwerbung. Geplant war, die Rahmenbedingungen der Glücksspielwerbung der im Tabakgesetz festgehaltenen Bedingungen anzupassen. [1] Damit hätte sich, bis auf wenige Ausnahmen, in Österreich ein absolutes Werbeverbot von Glücksspiel durchgesetzt. [3]
Glücksspielwerbung in Österreich
Derzeitige Bestimmungen zur Werbung sind einerseits im Glücksspielgesetz (GSpG) [4] und andererseits in Gesetzen für Mediendienste zu finden. Da sie im GSpG mitunter sehr vage formuliert sind, dient eine vom Bundesministerium für Finanzen zusammengefasste Studie seit 2016 als Orientierungshilfe für die Praxis. In dieser wird ein verantwortungsvoller Maßstab der Glücksspielwerbung beschrieben und vorausgesetzt.
Welche Werberichtlinien für Glücksspiel gibt es?
Mediendienste orientieren sich bei der Bewerbung von Glücksspiel an Richtlinien ähnlicher Angebote mit Suchtpotenzial. Damit werden Glücksspielrechtliche Bestimmungen aus Werberichtlinien für Alkohol abgeleitet:
- Glücksspielwerbung darf nicht an Minderjährige beworben werden und darf keine Minderjährigen beim „Konsum“ darstellen
- Die Bewerbung darf bei RezipientInnen kein übermäßiges Bedürfnis erwecken
- Es darf keine Verbindung zwischen der Verbesserung der finanziellen Lage und dem Glücksspiel dargestellt werden
- Enthaltsamkeit und Entzug dürfen nicht schlecht dargestellt werden
- Hohe Einsätze dürfen nicht als positive Eigenschaft dargestellt werden
Zusammengefasst gibt es drei Formen der Regulierung von Glücksspielwerbung: finanzielle Maßnahmen, inhaltliche Richtlinien und Beschränkungen im Bereich der Verfügbarkeit. [5]
Was würden Ableitungen aus dem Tabak-Gesetz bedeuten?
Sollten Mediendienste Glücksspiel künftig dem Tabak gleichstellen, würde das ein -bis auf wenige Ausnahmen- absolutes Werbeverbot bedeuten. Damit wären nicht nur klassische Werbemaßnahmen, sondern auch jegliche Sponsoringaktivitäten, untersagt. Zusätzlich müsste jedes Spiel individuelle, spielspezifische Warnhinweise enthalten. [3]
Die Ausnahme vom Verbot wären Bewerbungen innerhalb des bereits bestehenden KundInnenkreises, sowie diversen Glücksspieleinrichtungen. [3]
Kritik an der Einschränkung von Glücksspielwerbung in Österreich
Unter dem Argument, dass die Werbung das Glücksspiel verharmlosen würde, hätte eine Einschränkung dem Spielerschutz dienen sollen. Dieser Meinung haben ExpertInnen und Gerichte widersprochen:
- Am 08. April 2021 äußerte sich Gerhard Strejcek, Leiter des Zentrums für Glücksspielforschung an der Universität Wien, der Novelle kritisch gegenüber. Er betonte, dass ein Werbeverbot die „falschen treffen würde“, ohne suchtkranken SpielerInnen zu helfen. Dabei listete er Tageszeitungen, Printmedien und den Sport und Kulturbereich auf, die auf Werbemaßnahmen und Sponsoring angewiesen sind. Währenddessen würden SpielerInnen weiterhin illegale Angebote nutzen, die ihre Werbung im Internet mittels Links verbreiten würden. [6]
- Am 18. Mai 2021 beschloss der europäische Gerichtshof, dass bestehende Werbemaßnahmen von Monopolisten weitergeführt werden können. Das Österreichische Glücksspielmonopol sei damit unionsrechtskonform. Werbung von legalen Anbietern ist daher einerseits gerechtfertigt und andererseits wichtig: Es lenkt Menschen von illegalen Spielen mit höherem Suchtpotenzial und niedrigen Spielerschutzmaßnahmen, zu kontrollierten Angeboten. [7]
- Der österreichische Verwaltungsgerichtshof aktualisierte mit 03. Mai 2021 die Erkenntnis, dass Werbemaßnahmen eine wichtige Rolle in der „Kanalisierung des Spielbetriebs“ Das österreichische Glücksspielmonopol (Casinos Austria und Österreichische Lotterien) ist berechtigt, das legale Angebot auch verstärkt zu werben, um SpielerInnen von stark suchtgefährdendem Glücksspielangebot der Illegalen abzuwerben. [8]
Die Studie des Bundesministeriums für Finanzen, die seit 2016 als Orientierungshilfe für Werbung dient, bestätigt Strejceks Kritik. Somit helfe moderate Bewerbung von Glücksspiel, illegale Glücksspiele mit höherem Suchtgefährdungspotenzial zu verhindern. [4]
Quellen:
[1] Gernot Blümel: Bundeskanzleramt.gv.at: 49. Ministerrat am 24. Februar 2021. Aufgerufen am 29.03.2022:
49. Ministerrat am 24. Februar 2021 – Bundeskanzleramt Österreich
[2] Martin Pusch: tv.orf.at: Report. Aufgerufen am 29.03.2022:
Report: Über die Neupositionierung der Volkspartei, das Phänomen Sebastian Kurz, Omikron als Problem für Öffnungen und illegales Glück – ORF 2 – tv.ORF.at
[3] WKO: wko.at: Werbung für Tabak. Aufgerufen am 29.03.2022:
Werbung für Tabak – WKO.at
[4] VwGH: jusline.at: § 56 GSpG (Glücksspielgesetz). Aufgerufen am: 29.03.2022:
§ 56 GSpG (Glücksspielgesetz) – JUSLINE Österreich
[5] Bundesministerium Finanzen: bmf.gv.at: Der verantwortungsvolle Maßstab der Glücksspielwerbung nach § 56 GSpG. AUfgerufen am: 29.03.2022:
Der verantwortungsvolle Maßstab der Glücksspielwerbung nach § 56 GSpG (bmf.gv.at)
[6] Gerhard Strejcek: derstandard.at: Werbeverbot für Glücksspiel wäre konterproduktiv. Aufgerufen am: 29.03.2022:
Werbeverbot für Glücksspiel wäre konterproduktiv – Wirtschaftsrecht – derStandard.at › Recht
[7] Oliver Peschel: peschel.at: Neue Urteile bestätigen Glücksmonopol. Aufgerufen am 29.03.2022:
Neue Urteile bestätigen Glücksspielmonopol (peschel.at)
[8] VwGH: ris.bka.at: Rechtssätze für RA 2018/17/0048. Aufgerufen am 29.03.2022:
RIS – Rechtssatzkette für Ra 2018/17/0048 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) (bka.gv.at)